Mercedes-AMG One: Formel-1-Technik für die Straße

Der neue Mercedes-AMG ONE

Mit dem neuen One zeigt Mercedes-AMG eine spannende Neuheit auf dem Sportwagenmarkt. Wir haben alle Infos zum neuen Mercedes-AMG One.

Alles über den Mercedes-AMG One

Fünf Jahre lang hatte die Öffentlichkeit Zeit, sich an das Design zu gewöhnen, und jetzt kommt der Mercedes-AMG One auf die Straße. Wir hatten die Gelegenheit, das Auto vorab unter die Lupe zu nehmen: Es ist eines der faszinierendsten und anspruchsvollsten Sportwagenprojekte überhaupt.

Der neue Mercedes-AMG ONE

Denn der Anspruch, Formel-1-Technik erlebbar und möglichst ungefiltert auf die Straße zu bringen, ist im Zeitalter brutaler Abgas- und Sicherheitsvorschriften kaum noch zu realisieren. Und dann soll das Auto auch noch einfach zu fahren und sofort einsatzbereit sein – ganz anders als in der Formel 1, wo eine Batterie von mit tragbaren Computern bewaffneten Ingenieuren zum Fahrzeug eilen muss, um überhaupt loszulegen.

Der AMG One lässt sich grob in drei Teile gliedern: Das Monocoque aus Kohlefaserverbundwerkstoff, die Front mit den beiden integrierten Elektromotoren und das Heck mit dem Formel-1-Motor und zwei weiteren Elektromotoren.

Der neue Mercedes-AMG ONE

Der Sitztest macht es deutlich: Im Monocoque ist erstaunlich viel Platz, die Fahrgastzelle ist breit und bequem. Der Sitz ist fest, aber das Lenkrad (axial und vertikal) und die Pedale sind verstellbar. Das Lenkrad stammt direkt aus der Formel 1 und sorgt so für echte Rennatmosphäre, aber ansonsten gibt es viel vertraute Ausstattung – zum Beispiel Schalter, Navigation und Klimaanlage. Im Prinzip wurde das MBUX-System in einen Formel-Rennwagen implantiert – inklusive der Dutzenden von „Hey Mercedes“-Funktionen. Ganz klar: Das Ziel der Ingenieure war es, den Kunden in eine vertraute Umgebung zu versetzen. Da es keine Heckscheibe gibt, wird der kamerabasierte Blick nach hinten auf den Bildschirm projiziert.

Vorne sind links und rechts jeweils zwei 120 kW (163 PS) starke Elektromotoren eingebaut, die über ein Untersetzungsgetriebe mit den Vorderrädern verbunden sind und einzeln angesteuert werden können. Motoren und Getriebe sind direkt in die Struktur integriert, die seitliche Welle zum Rad dient jeweils als Aufnahme für die Achsaufhängung. Diese Mehrfachfunktion der Bauteile trägt zu einer drastischen Gewichtsreduzierung bei.

 

Der neue Mercedes-AMG ONE

Den gleichen Ansatz verfolgt der AMG One im Heck, wo sich das Formel-1-Triebwerk befindet – in Form eines aufgeladenen 1,6-Liter-V6-Benziners und zweier Elektromotoren. Der Verbrennungsmotor ist das Kernelement der gesamten Heckstruktur. Verbrennungsmotor und Getriebe sind mit dem Monocoque verbunden, die Hinterachse mit fünf Lenkern pro Seite ist direkt mit dem Getriebegehäuse verbunden und damit Teil der Struktureinheit. Das Fahrwerk ist in der Höhe und über Dämpferstufen von innen einstellbar, aber nicht elektronisch geregelt.

Es kommen ausschließlich Michelin Pilot Sport Cup-Reifen der Dimension 285/35 ZR 19 vorne und 335/30 ZR 20 hinten zum Einsatz; eine Kohlefaser-Keramik-Bremsanlage mit Sechs-Kolben-Festsätteln vorne und Vier-Kolben-Festsätteln hinten sorgt für maximale Verzögerung. Damit sind die fahrwerkstechnischen Voraussetzungen geschaffen, um die brachiale Kraft des AMG One sicher auf die Straße zu bringen. Die beiden Kraftstofftanks sind übrigens vertikal geformt, um die Kraftstoffversorgung bei extremer Querbeschleunigung sicherzustellen.

Der neue Mercedes-AMG ONE

Der Plug-in-Hybrid-Antrieb liefert nicht weniger als 1063 PS (782 kW) Systemleistung, die Höchstdrehzahl des V6-Aggregats ist aus Gründen der Langlebigkeit und weil es auf Normalkraftstoffqualitäten ausgelegt ist, auf 11000 U/min begrenzt. Damit stürmt der AMG One in 2,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h, in glatten sieben Sekunden auf 200 km/h und in 15,6 Sekunden auf 300 km/h; die Höchstgeschwindigkeit ist auf 352 km/h festgelegt. Das sind hervorragende Werte, auch wenn der AMG One eine lange Lebensdauer hat. Das sind hervorragende Werte, auch wenn AMG für den Sprint auf 200 km/h ursprünglich den Sechs-Sekunden-Bereich anpeilen wollte. Der kombinierte Kraftstoffverbrauch liegt bei nur 8,7 Litern pro 100 Kilometer, und man kann mehr als 18 Kilometer elektrisch fahren.

Die Abgasvorschriften wurden zu einer echten Herausforderung, die AMG unter anderem mit vorgeheizten Katalysatoren löste: Der Kunde fährt elektrisch los, das System heizt die Katalysatoren für 50 bis 60 Sekunden auf, dann startet der Verbrennungsmotor. Für die Hochvoltbatterie diente die Formel 1 als Ausgangspunkt, sie wurde jedoch um den Faktor 4 vergrößert. AMG übernahm das Konzept später für den AMG GT 63 S E-Performance. Für die Kraftübertragung ist übrigens ein automatisiertes Siebengang-Schaltgetriebe zuständig. Sechs Fahrprogramme, davon vier für die Straße und zwei für die Rennstrecke, erlauben eine exakte Abstimmung auf die Bedürfnisse des Fahrers.

Das Styling ist seit der ersten Präsentation im Jahr 2017 nahezu unverändert geblieben und zeichnet sich durch zahlreiche Aero-Elemente sowie sorgfältig von Hand applizierte Sterne aus. „Fluch und Segen“ sei das Projekt, so AMG-Technikchef Jochen Hermann. Er hatte es bereits im vergangenen Herbst verraten: „Wir werden nicht ein zweites Mal durch diese ‚Technikhölle‘ gehen.“ Aber er sagte auch: „Dieses Auto wird in Museen stehen, die Leute werden noch in Jahrzehnten darüber reden.“ Er kostet knapp 3,3 Millionen

Über Moritz Nolte 66 Artikel
Moritz Nolte liebt seine Heimat NRW über alles: Moritz hat sein Büro im Bochumer Bermuda3Eck. In Dortmund läuft er regelmäßig um den Phoenixsee, in Hattingen fährt er Mountainbike. Zum Fußball geht er auf Schalke und zum Eishockey nach Herne. Auf der Rüttenscheider Straße in Essen gibt es für ihn hin und wieder ein Bier oder einen Gin Tonic. Zum Shoppen geht´s nach Düsseldorf und Freunde besucht er häufig in Köln. Und wenn er mal nicht in der Metropolregion Rhein-Ruhr unterwegs ist, ist Moritz leidenschaftlicher Sportwagen- und Trackday-Fahrer, Automotive-Autor und Herausgeber von THE DRIVER.