Mit dem 812 Superfast ist Ferrari einmal mehr ein absolutes Meisterwerk gelungen. In diesem wunderbaren Fahrzeug spiegelt sich die außergewöhnliche Gabe, wie kaum ein zweiter Automobilhersteller überlegene, in diesem Falle geradezu wahnwitzige Leistung mit einem Design zu verbinden, dass man zwingend irgendwo zwischen hinreißend und atemberaubend einordnen muss. Mit der neuen Sonderversion des Ferrari 812 Superfast trieben die Ingenieure aus Modena das Konzept der extremen Berlinetta mit Frontmotor nun auf die Spitze.
Der Ferrari 812 Competizione ist als Coupé und als Targa (812 Competizione A) einer sehr exklusiven Gruppe von Sammlern und Ferrari-Liebhabern vorbehalten. Beide Modelle werden streng limitiert sein. Wer sich den Spaß macht, die Pressemitteilung zum Ferrari 812 Competizione auszudrucken, kommt nicht umhin festzustellen, dass die limitierte Berlinetta mehr ist als lediglich eine Limited Edition. Das ausgedruckte Pamphlet erstreckt sich über 13 opulente Seiten. Die Zahl der technischen Neuerungen ist gewaltig, insbesondere im Bereich der Aerodynamik.
Ferrari kitzelt mehr Leistung aus dem Superfast-Motor
Der Motor des Ferrari 812 Competizione basiert auf dem 6,5-Liter-V12-Aggregat des 812 Superfast, leistet im Competizione-Modell allerdings 30 PS mehr. Die maximale Leistung stieg dabei nicht nur auf gewaltige 830 PS, auch die Maximaldrehzahl wurde noch einmal angehoben: Im Ferrari 812 Competizione lässt sich der Sahnemotor nun bis auf 9.500 Umdrehungen pro Minute drehen.
Erreicht wurden diese Topwerte durch die Neukonstruktion der wichtigsten Motorkomponenten wie Pleuel, Kolben und Kurbelwelle. Die Pleuel aus Titan etwa sind bei gleicher mechanischer Festigkeit 40 Prozent leichter als die Stahlversionen. Auch die Zylinderköpfe wurden neu gestaltet. Die Nocken verfügen jetzt über eine diamantähnliche Karbonbeschichtung (DLC) und wirken über ebenfalls DLC- beschichtete Gleitschlepphebel aus Stahl auf die Ventilschäfte ein. Diese Schlepphebel stammen aus der Formel 1 und wurden speziell für diesen Motor entwickelt, um ein höheres Hubprofil zu ermöglichen.
Um Reibung und mechanische Verluste zu reduzieren und damit den Gesamtwirkungsgrad des Motors zu verbessern, wurde eine neue Ölpumpe mit variabler Fördermenge entwickelt, die den Öldruck über den gesamten Betriebsbereich des Motors kontinuierlich anpasst. Auch das Kühlsystem wurde angepasst, um mit der erhöhten Wärmeentwicklung fertig zu werden. So wurde zum allerersten Mal bei einem Ferrari V12 ein einzelner vorderer Lufteinlass vorgesehen, der die Menge der zu den Kühlern geleiteten Kühlluft maximiert. Insgesamt wurde die Kühleffizienz im Vergleich zum 812 Superfast um rund 10 Prozent.
Optisch ist der Ferrari 812 Competizione weiterhin als 812 zu erkennen. Doch durch die technischen Modifikationen konnte das Ferrari Design Center dem Auto eine ganz neue Konnotation geben, indem es Designthemen wählte, die sein architektonisches Design, seine skulpturalen Formen und seine sportliche Berufung noch weiter hervorheben. Insbesondere die ausgefeilten Detaillösungen im Bereich der Aerodynamik hatten maßgeblichen Einfluss auf das Design des Ferrari 812 Competizione.
High-End-Berlinetta
Die durch die Erhöhung der Motorleistung und der maximalen Drehzahl erhöhte abzuführende Wärme war auch in Bezug auf die Aerodynamik eines der vorherrschenden Themen. So konnten die Ferrari-Entwickler die Effizienz des Kühlstrommanagements verbessern, ohne die Abmessungen und das Gewicht der abstrahlenden Massen zu erhöhen.
Die Ableitung der heißen Luft aus dem Kühler wurde durch die Nutzung der Lüftungsöffnungen auf der Motorhaube auf beiden Seiten der zentralen „Lamelle“ und der Lüftungsschlitze in den Kotflügeln verbessert. Diese Bereiche sind in Bezug auf die Kühlung besonders effizient, so dass die Öffnungen am Unterboden optimiert und reduziert werden konnten, was wiederum der Effizienz des vorderen Aerosystems zugutekam. All das bedeutet eine 10 Prozent effizientere Kühlung der Motorflüssigkeiten als beim 812 Superfast.
State-Of-The-Art-Aerodynamik
Auch die Erhöhung des Anpressdrucks auf Vorder- und Hinterachse stand im Lastenheft der Ingenieure ganz oben. Durch einen vorne verlängerten Unterboden, einen neuen S-förmigen Seitenwirbelgenerator und den überarbeiteten vorderen Diffusor konnte die aerodynamische Leistungsfähigkeit erheblich erhöht werden. Allein der neue Seitenwirbelgenerator, der die Ausdehnung von seitlichen Verwirbelungen verhindern soll, trägt laut Ferrari-Angaben zu einem um 40 Prozent höheren Anpressdruck vorne bei.
Der Heckdiffusor erstreckt sich über die gesamte Breite des Fahrzeugs, um eine maximale horizontale Ausdehnung der aerodynamischen Strömungen des Unterbodens zu gewährleisten. Möglich macht das die komplette Überarbeitung der Schalldämpfer und Endrohre: Statt der klassischen Anordnung zweier Endrohre auf jeder Seite des Stoßfängers gibt es jetzt ein einziges Auspuffrohr in einer noch nie dagewesenen vertikalen rechteckigen Form. Auf diese Weise konnten die Italiener eine für F1-Fahrzeuge der 2010er Jahre typische Aero-Lösung realisieren: Die dynamische Interaktion zwischen den Abgasen und dem Diffusorbereich. Insgesamt führte die Entwicklung des neue Heckdiffusors zu einer Steigerung des Anpressdrucks von 25 Prozent im Vergleich zum 812 Superfast.
Besondere Aufmerksamkeit zieht neben dem Heckspoiler die Heckscheibe auf sich, die zum ersten Mal bei einem Serienfahrzeug komplett geschlossen ist und es den Konstrukteuren gestattete, noch nie dagewesene aerodynamische Lösungen zu erforschen. Sie wurde mit drei Paaren von profilierten Elementen ausgestattet, die aus ihrer Oberfläche herausragen und als Wirbelgeneratoren fungieren. Seit dem LaFerrari werden derartige Wirbelgeneratoren bei Serienfahrzeugen eingesetzt, um den Anpressdruck des flachen Unterbodens zu maximieren.
Fokus auf Leichtbau
Reduziert hingegen wurde das Gewicht des Ferrari 812 Competizione. Insgesamt 38 Kilogramm Gewichtsersparnis konnte Ferrari herausholen. Die Gewichtskur betraf vor allem die Bereiche Antriebsstrang, Fahrwerk und Karosserie. Am Exterieur wurde großflächig Karbonfaser eingesetzt, insbesondere an den vorderen und hinteren Stoßfängern, dem Heckspoiler und den Lufteinlässen. Der Antriebsstrang trägt durch die Verwendung von Titanpleueln in Verbindung mit einer leichteren Kurbelwelle und einer 12-V-Lithium-Ionen-Batterie zur Gewichtsreduzierung bei. Felgen aus Karbonfaser sind ebenfalls zum ersten Mal für einen Ferrari V12 erhältlich und bieten eine Gewichtsreduzierung von insgesamt 3,7 kg im Vergleich zu den leichten Schmiederädern des 812 Superfast.
Ganz nebenbei sorgt diese Gewichtsersparnis fpür eine fahrdynamisch relevante Reduzierung der ungefederten Massen. Fahrdynamisch ebenfalls relevant: Das neue elektronische Managementsystem der bekannten Hinterradlenkung. Es ermöglicht, das rechte und linke Stellglied einzeln anzusteuern, anstatt sie zu synchronisieren. Diese Weiterentwicklung führt laut Ferrari zu einer deutlichen Leistungssteigerung in Bezug auf die Steuerung der von den einzelnen Stellgliedern angeforderten Position und zu kürzeren Reaktionszeiten.
Bei der Masse an spannenden Detaillösungen und der vermutlich ungeheuren Fahrdynamik des Ferrari 812 Competizione ist die Limitierung auf lediglich 1.598 Exemplare ein Jammer. Wenig überraschend waren die 999 Coupés und 599 Targas bereits vor der Premiere des High-Tech-Sportlers bereits ausverkauft.
Bilder: Ferrari