Große Kunst Track-Driving: Alles über Rennstrecken-Coachings

Jeder Sportwagenfahrer, der sein Auto selbst auf der Rennstrecke fährt oder schon einmal in den Genuss gekommen ist, zusammen mit einem Profi über den Track zu fahren, weiß: Das eigene Auto formvollendet, sicher und schnell über die Rennstrecke zu bewegen, ist eine hohe Kunst. Eine Kunst, die viel Training erfordert und bestenfalls professioneller Anleitung bedarf. Warum spezielle Rennstrecken-Coachings sinnvoll sind und was ambitionierte Sportwagenfahrer über Coachings wissen müssen, lest ihr in diesem Artikel.

Welche Rennstrecken-Coachings gibt es überhaupt?

Das Angebot ist relativ breit. Sportfahrer können von Rennstrecken-Trainings der Automobilhersteller bis hin zu 1:1-Coachings spezialisierter Anbieter genau das finden, das am besten zu ihnen und ihren Bedarfen passt. Das Coaching-Angebot von Automobil-Marken wie Porsche, BMW, Audi und Co. ist in der Regel extrem breit: Von gemütlichen Sportwagen-Touren bis professionellen Track-Trainings ist häufig alles dabei. Die Rennstrecken-Programme punkten dabei mit einer durchdachten Mehrstufigkeit: Anfänger werden behutsam an das Track-Driving herangeführt und können ihre Fahrtechnik dann Stufe für Stufe verbessern. Fortgeschrittene können später ihre Rennlizenz machen, in veritablen Rennboliden Platz nehmen und in den Hobby-, Amateur- oder semiprofessionellen Motorsport einsteigen.

Für erfahrene Trackday-Fahrer bieten sich Kurse bei Coaches oder spezialisierten Unternehmen wie Gedlich Racing aus Frankfurt oder all4track aus Düsseldorf an.

Coaching ja oder nein?

Markus Gedlich

Einfache Frage: Für wen eignen sich Track-Coachings? Markus Gedlich, der bereits seit 2006 als Personal Coach arbeitet und mit seiner Firma Gedlich Racing Premium-Trackdays und -Coachings durchführt, hat eine ehrliche Antwort parat: „Wenn man sehr talentiert ist, kann man durch Hinsehen und Ausprobieren auf einen ordentlichen Level kommen“. Allerdings schränkt der Ex-Rennfahrer auch ein: „Irgendwann kommt aber jeder an einen Anschlag, dann hilft nur noch der Input vom Profi“.

Sportfahrertrainings, Lehrgänge – oder doch Personal Coachings?

Daniel Schwerfeld

Ähnlich sieht es auch Daniel Schwerfeld, der bereits seit über zehn Jahren hauptberuflich als Sportfahrer-Coach arbeitet und seit 2019 mit seiner Firma all4track AG nicht nur Sportfahrertrainings sondern auch Trackdays und Drift-Trainings anbietet.  Auf professionelle Hilfe zu verzichten und auf eigene Faust an seinen Skills zu feilen, sei durchaus eine Möglichkeit. Eine Möglichkeit, die sich jedoch als langwieriger und steiniger Weg entpuppen könne. „Eine bessere Möglichkeit ist die Teilnahme an einem Sportfahrertraining wie zum Beispiel das von „sport auto“, der all4track AG oder auch Gedlich Racing. Hier fährt man in einer Gruppe hinter dem Instruktor her und wird per Funk betreut. Alternativ gibt es auch den Sportfahrerlehrgang der Scuderia Hanseat. Hier gibt es ein sogenanntes Sektionstraining, bei dem einzelne Streckenabschnitte trainiert werden.“

Personal Coaching bietet größtes Potenzial für Trackday-Fahrer

Das größte Potenzial bietet nach Meinung der beiden Profis allerdings das „Personal Coaching“ – nicht umsonst die Spezialität der beiden Coaches. „Hier macht der Fahrer durch aktives Beifahren des Coaches, angepasste Referenzrunden vom Coach und Daten-/Videoanalyse die größten Schritte“, erklärt Daniel. Erfahrene Piloten stoßen irgendwann an ihre Grenzen. „Sie fahren viel, verbessern sich aber nicht mehr. 1:1 Coaching bringt sie innerhalb kürzester Zeit auf ein neues Level an Fahrkönnen, Speed und Sicherheit“, weiß Markus, der sich den Begriff „1:1 Coaching“ sogar als Marke hat schützen lassen. „Die Arbeit mit Semiprofis oder Profis ist wieder eine ganz eigene, denn hier geht es vor allem um Details, Details und nochmal Details.“

Rennstrecken-Coaching sowohl für Profis als auch Anfänger

Doch nicht nur für Fortgeschrittene, die sich selbst den letzten Schliff geben wollen, eignen sich Coachings. „Auch vorher wird der Weg zum guten Fahren weniger mühsam und weniger gefährlich, wenn man von Anfang an alles richtig macht“, ist Markus Gedlich überzeugt. Letztlich sei es wie in allen Sportarten: „Wenn man sich von vornherein keinen Blödsinn angewöhnt, dann muss man ihn sich später auch nicht mehr abgewöhnen. Gesunde Basics sind immer optimal, wenn es darum geht, im Leben neue Dinge zu lernen.“

Trackday-Fahrer Christian

Der Ex-Rennfahrer und Coaching-Pionier verrät: „Wir sind oft selbst verblüfft: Neulinge haben meist eine derart steile Lernkurve, dass sie bereits nach zwei bis drei Sitzungen auf einem ähnlichen Niveau fahren, wie etablierte Trackday-Fahrer.“

Einer, der regelmäßig Coachings bucht, ist Christian aus Ostwestfalen-Lippe. „Coachings buche ich immer dann, wenn ich ein neues Auto habe oder wenn es auf eine neue Strecke geht. Ich möchte mir einfach keine Fehler angewöhnen, die man sich später wieder abtrainieren muss. Ein Coaching ist für mich also immer die Grundlage für meine Streckenkenntnisse. Ich möchte meinen Speed natürlich steigern und bestenfalls Erfolge auf der Uhr sehen können – und das möglichst sicher“, erklärt der Fahrer eines schwarzen Porsche 911 GT3.

Wie läuft ein Personal Coaching ab?

Aber nun mal die Karten auf den Tisch: Wie läuft so ein Personal Coaching ab? Ein guter Coach geht mit System vor“, erzählt Daniel. „Man unterscheidet grundsätzlich zwischen erfahrenen und unerfahrenen Fahrern. Hierbei machen wir keinen Unterschied zwischen einem Profi, der auf einer für ihn neuen Rennstrecke fährt, oder einem blutigen Anfänger“, erklärt der all4track AG Geschäftsführer. In einem Vorgespräch werden Ziele vordefiniert und Sicherheitsaspekte abgesprochen. Keine Fahrt beginnt ohne ein entsprechendes Vorgespräch.

„Ein Beispiel zu einem erfahrenen Fahrer: Als Coach weiss ich nicht im Vorfeld wie gut ein Fahrer ist, oder welche Defizite er hat. Er kann schließlich alles erzählen. Daher macht man zunächst eine Bestandsaufnahme und legt hierbei eine angepasste Geschwindigkeit fest. Das nimmt den Druck heraus und minimiert das Risiko für unsere Coaches. Ein erfahrener Coach und Rennfahrer erkennt nach wenigen Kurven, welche Defizite ein Fahrer hat und kann darauf unser geschultes Coaching Programm  aufbauen.“

Auch Markus verfolgt mit Gedlich Racing ein über die Jahre entwickeltes, klares System, das mehrere Schritte umfasst:

  • „Zunächst besprechen wir die Ziele mit dem Kunden. Nur wenn wir wissen, worauf wir gemeinsam zusteuern wollen, können wir zielgerichtet vorgehen. Danach legen wir gemeinsam – oft vor dem eigentlichen Coaching-Termin – die Vorgehensweise und das Programm fest. So weiß der Kunde bereits, was ihn erwartet und am Tag der Action geht es schneller und effizienter.“
  • „Während des Coachings wird vor jedem Fahrstint das Ziel definiert, die Kommunikation verabredet sowie besprochen, wo die Risiken liegen könnten und wie wir diese gemeinsam mindern oder vermeiden. Dabei gehen wir stets nach dem Prinzip „von grob nach fein“ vor, denn so macht man schnell große Fortschritte, ohne das Risiko zu erhöhen. Sicherheit ist uns sehr wichtig.“
  • „Dann geht es gemeinsam auf die Rennstrecke, der Coach sitzt die meiste Zeit daneben, gibt aber von Zeit zu Zeit auch Referenzrunden vor, um diese im Nachgang mit den Runden des Kunden vergleichen zu können.“

Ein fester Bestandteil bei Daniel und Markus ist die Daten- und Video-Analyse mit dem Datenanalyse-System „Race Navigator“. „Nach der Fahrt werden die Videos und Fahrdaten, die wir bei jeder Fahrt mit dem Race Navigator synchron aufzeichnen, miteinander verglichen und somit die Ziele für den nächsten Stint vereinbart“, berichtet Markus. „Das gesamte 1:1 Coaching läuft nach unserem sogenannten „1:1 Coaching Zirkel“ ab, welcher sich vom Grundsatz her immer wiederholt, aber stets mit neuen Inhalten und Zielen gefüllt wird.“

Klar ist auch: Nur regelmäßige Rennstrecken-Tage bringen etwas. Daniel empfiehlt sogar, zwei Mal im Monat auf die Strecke zu gehen. „Anderenfalls ist die Entwicklung stockend“.

Wie erkennt man einen guten Coach?

„Ein guter Coach nimmt sich vor der Fahrt auf die Strecke Zeit, um dich kennen zu lernen, um mit dir zu besprechen, was deine Ziele sind. Jeder Kunde hat ja bestimmte Anforderungen und Ziele, die er erreichen will“, glaubt Christian, der Porsche-Fahrer. „Ein guter Coach muss natürlich gut fahren können, klar. Sein Wissen und auch sein Charakter sind für mich wichtige Kriterien – und auch die Frage, wie ernst er seinen Job nimmt“, so Christian. Markus Gedlich ergänzt: „Die Qualität ist der entscheidende Faktor, der uns von allen anderen abhebt. Wir können unser Angebot skalieren. Diese Skalierbarkeit hat für den Kunden den Vorteil, dass eine gleichbleibende Weitergabefähigkeit gewährleistet ist.“

Was kostet ein Rennstrecken-Coaching?

Mit professionellen Coaches zu arbeiten, die oftmals ehemalige oder aktive Rennfahrer sind, hat natürlich seinen Preis. Aber, kein Geheimnis, Motorsport ist eben immer teuer. Bei Gedlich Racing und Daniel Schwerfeld/all4track AG fangen die Preise bei etwas mehr als 700 Euro für einen halben Tag an. Beide Anbieter bieten auf den Fahrer zugeschnittene Pakete.

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Moritz Nolte liebt seine Heimat NRW über alles: Moritz hat sein Büro im Bochumer Bermuda3Eck. In Dortmund läuft er regelmäßig um den Phoenixsee, in Hattingen fährt er Mountainbike. Zum Fußball geht er auf Schalke und zum Eishockey nach Herne. Auf der Rüttenscheider Straße in Essen gibt es für ihn hin und wieder ein Bier oder einen Gin Tonic. Zum Shoppen geht´s nach Düsseldorf und Freunde besucht er häufig in Köln. Und wenn er mal nicht in der Metropolregion Rhein-Ruhr unterwegs ist, ist Moritz leidenschaftlicher Sportwagen- und Trackday-Fahrer, Automotive-Autor und Herausgeber von THE DRIVER.