Der Verbrennungsmotor steht nach dem folgenschweren Urteil der EU vor dem Aus. Die Umweltministerinnen und -minister der EU präsentierten im Sommer 2022 eine folgenschwere Entscheidung: Von 2035 an sollen nur noch klimaneutrale Neuwagen verkauft werden. Es war nicht weniger als das „Defacto-Aus“ für den Verbrennungsmotor. Weitgehend klimaneutral produzierte synthetische Kraftstoffe könnten den Verbrenner retten. Oder Wasserstoff als Kraftstoff. Porsche hat nun ein spannendes Projekt vorgestellt.
Bei der Verbrennung von Wasserstoff werden aufgrund seiner chemischen Zusammensetzung weder Kohlenwasserstoffe noch Kohlenmonoxid freigesetzt, auch Partikel spielen naturgemäß keine Rolle. Deshalb eignet sich Wasserstoff zumindest theoretisch für den klimafreundlichen Einsatz in Pkw mit Verbrennungsmotor.
Im Rahmen einer Studie entwickelten Porsche-Ingenieure laut dem „Porsche Engineering Magazin“ (Ausgabe 2/2022) einen Wasserstoff-Verbrennungsmotor der Leistung und Drehmoment auf dem Level aktueller Hochleistungs-Ottomotoren bieten soll. Vincenzo Bevilacqua, Fachreferent Motorsimulation bei Porsche Engineering: „Gleichzeitig war unser Ziel, einen geringen Verbrauch zu erreichen und die Emissionen auf Umgebungsluftniveau zu halten. Ausgangspunkt unserer Untersuchungen war ein existierender 4,4-Liter-Achtzylinder-Ottomotor – oder besser ausgedrückt: sein digitaler Datensatz, denn wir haben die gesamte Studie virtuell über Simulationen durchgeführt.“
Für eine saubere Verbrennung von Wasserstoff mussten die Turbolader einerseits rund doppelt so viel Luftmasse wie bei Ottomotoren bereitstellen. „Andererseits fehlt abgasseitig durch die geringeren Abgastemperaturen aber Energie für ihren Antrieb“, so Bevilacqua. Dieser Widerspruch lässt sich mit konventionellen Turboladern nicht auflösen. Deshalb setzten die Entwickler ein neues Turbo-Aufladesystem ein.
Das System arbeitet mit sogenannten Back-to-Back-Verdichtern. Dabei verfügen zwei Verdichterstufen über eine gemeinsame Welle, die durch die Turbine beziehungsweise den unterstützenden Elektromotor angetrieben wird. Die Prozessluft strömt dabei durch den ersten Verdichter, wird im Ladeluftkühler zwischengekühlt und dann in der zweiten Stufe nachverdichtet.
Mit einer Leistung von rund 440 kW liegt der Wasserstoffmotor auf dem Niveau des ursprünglichen Verbrennungsmotors. Um die Performance des Antriebs besser einordnen zu können, hat Porsche Engineering ein damit ausgerüstetes Referenzfahrzeug der Luxusklasse mit einem relativ hohen Gesamtgewicht von 2.650 kg auf der Nürburgring-Nordschleife getestet – rein virtuell: Die Fahrt wurde mithilfe eines sogenannten digitalen Zwillings durchgeführt, also einer Abbildung des Realfahrzeugs im Computer. Mit einer Rundenzeit von 8 Minuten 20 Sekunden zeigte das Fahrzeug sein hohes fahrdynamisches Potenzial.
„Wie sich zeigte, unterschreiten die Stickoxidemissionen die derzeit diskutierten Grenzwerte der Euro-7-Norm deutlich und liegen über den gesamten Drehzahlbereich nahe null“, so Matthias Böger, Entwicklungsingenieur Motorsimulation bei Porsche Engineering „Wir haben durch die Studie wertvolle Erkenntnisse im Hinblick auf die Entwicklung von Hochleistungs-Wasserstoffmotoren gewonnen und unsere virtuelle Entwicklungskette um Modelle und Methoden speziell für Wasserstoff ergänzt“, erklärt Bevilacqua. „Mit diesem Know-how sind wir bereit, künftige Kundenprojekte effizient zu bearbeiten.“
Eine weitere gute Nachricht laut Porsche: Die Kosten für einen Wasserstoffantrieb in der Serienproduktion könnten mit denen eines Ottomotors vergleichbar sein.